Der Unterschied zwischen den beiden Hälften ist nicht zu übersehen: Die nüchterne Berichterstattung wurde zu einem späteren Zeitpunkt durch legendenhafte Züge erweitert.
Zweite Quelle für das Martyrium des Hl. Florian ist das Martyrologium Hieronymianum aus dem Jahr 800: „In Ufernorikum, im Ort Lauriacum, der Geburtstag (=Todestag) des Florian, eines ehemaligen Kanzleivorstandes des Statthalters, auf dessen Befehl er mit einem um den Nacken gebundenen Stein von der Brücke in den Ennsfluss gestürzt wurde, wobei ihm (!), wie alle Umstehenden sahen, die Augen brachen.“
Beiden Texten lag voraussichtlich eine gemeinsame Quelle aus dem 5. Jhd. vor. Das Martyrium des Hl. Florian am 4. Mai 304 gilt heute historisch als unumstritten. Gemäß der „Passio“ sollen noch weitere 40 Christen umgekommen sein. Nach vielen Martern wurden sie eingekerkert und starben im Gefängnis. Die Überreste der namenlosen Märtyrer von Lorch werden heute im Hochaltar der Basilika Enns - St. Laurenz in einem antiken Steintrog verwahrt. Alle Indizien sprechen für die Echtheit dieser Reliquien: Im Zuge von Renovierungsarbeiten an der damaligen Filialkirche wurde 1900 das Steinkistengrab in einem Hohlraum unter dem Hochaltar wiederentdeckt, wo es sich seit dem Bau der gotischen Kirche befunden haben muss. Die Untersuchung der Knochen ergab, dass diese zum überwiegendem Teil von Erwachsenen, zum Teil aber auch von Jugendlichen stammen, auch Tierknochen und Holzkohlenreste wurden gefunden, die Knochen weisen Brandspuren auf. Da keine kirchliche Authentik gefunden wurde, erliess Rom die Entfernung aus der Kirche. Der Steintrog wurde beim Kirchturm deponiert, die Knochen wurden im Friedhof vergraben. Abermaligen Untersuchungen 1962 ergaben, dass die Knochen von mindestens 31 - meist männlichen - Individuen stammen. Bei neuerlichen archäologischen Untersuchungen der Lorcher Kirche 1960 stellte sich heraus, dass der Steintrog exakt mit den Massen des Fundamentes des Altares der ersten um 370 erbauten Basilika übereinstimmt. Damit ist eine kultische Verehrung der Reliquien in dieser Zeit erwiesen. In karolingischer Zeit wurde der Stein von einer Doppelapside umschlossen, was ein Umschreiten der freistehenden Reliquie ermöglichte. Die erhaltenen Stoffreste, in die die Gebeine gehüllt waren, stammen aus dem 4. - 6. Jhd. (vgl.: Kirche in Oberösterreich, Band 1; Strasbourg: 1992; ISBN 2-87718-086-7)